Die Wiedergründung des Obst- und Gartenbauvereins Rotenfels im Jahr 1952

Erst 1952, als die letzten Kriegsgefangenen wieder zu Hause und die durch den Verlust von Familienangehörigen entstandenen schlimmsten Wunden vernarbt waren, als die meisten Men-schen wieder ein Dach über dem Kopf hatten - erst dann entschloss man sich, auch die Arbeit des Obst- und Gartenbauvereins wieder aufzunehmen. Die Notwendigkeit war zwar nicht mehr so groß wie im Jahr 1930, als sich die Menschen aus Angst ums nackte Überleben zusammen-geschlossen hatten.

Doch jetzt war man am Beginn des landwirtschaftlichen Aufschwungs. Man erkannte, dass es neben Bohnapfel, Bayrischer Weinbirne und Schweizer Wasserbirne auch noch andere und vor allem besser schmeckende Obstsorten gab. Doch mit den neuen Sorten kamen auch neue Probleme: Plötzlich traten früher nicht bekannte Pflanzenkrankheiten auf. Zudem wurden die Ansprüche höher. Man wollte keinen Wurm mehr im Apfel oder in der Zwetschge haben, keine Läuse mehr am Salat und keine Raupen mehr im Kohl. Als nach der Währungsreform 1948 Mineraldünger, neues Saatgut und Schädlingsbekämpfungsmittel zur Verfügung standen, hatte das Hungern bald ein Ende. Nun konnten wieder ordentliche Ernten eingefahren werden. Die damalige Devise hieß: „Iss und trink, solang dir’s schmeckt, schon zweimal ist uns ’s Geld verreckt!“

Am 14. Februar 1952 trafen sich mehrere Rotenfelser im Bürgersaal des Rathauses zur Grün-dungsversammlung. Die Vorarbeiten hierfür wurden durch Albert Wunsch, Franz Hense und Franz Wittmann geleistet. Albert Wunsch eröffnete die Versammlung, und Kreisobstbau-inspektor Kraft aus Michelbach sprach über die Ziele und den Zweck eines Obst- und Garten-bauvereins. Die Frage, ob Rotenfels denn einen eigenen Obst- und Gartenbauverein bräuchte, war schnell geklärt. Zur damaligen Zeit war es offenbar nicht möglich, etwa zu einem Schnitt-kurs oder einer anderen Veranstaltung in den Nachbarort zu gehen. Jede Gemeinde hatte sich in solchen Dingen gefälligst selbst zu organisieren.

Der Gründung des Vereins stand nichts entgegen. In geheimer Wahl wurde Baumschulenbesitzer Josef Götzmann zum ersten Vorsitzenden des Obst- und Gartenbauvereins bestimmt und Karl Stahlberger, der Betreiber der örtlichen Genossenschaft, zum zweiten Vorsitzenden. Als Kassier fungierte Albert Wunsch und als Schriftführer Eugen Karcher. Beiräte wurden Franz Hense, Helmut Gräßer und der Obstankäufer und Marktbetreiber August Großmann.

Bereits nach kurzer Zeit legte Josef Götzmann sein Amt wieder nieder. Am 27. April 1952 wurde Adolf Ströhm neuer erster Vorsitzender. Der Mitgliedsbeitrag war auf 1 DM festgelegt worden. Die Teilnahme an den Schnittkursen war nur den damals 76 Vereinsmitgliedern vorbehalten.

In vielen Gemeinden des mittelbadischen Raumes erfuhr der Obstbau einen kräftigen Aufschwung. Der Grund: In den einzelnen Ortschaften waren Obstannahmestellen eingerichtet worden, die fortan auch eine Vermarktung gewährleisteten. In Rotenfels fanden sich solche Obstannahmen bei Franz Wittmann unweit des Glasersteges, bei Heinz Strobel in der Lorzingstraße und bei Franz Strobel in der Eichelbergstraße. Bei August Großmann gegenüber dem Gasthaus Ochsen konnte Obst und Gemüse abgeliefert werden.

Der Landkreis förderte die Errichtung von Obstanlagen. Zu den „großen Rennern“ zählten zeitweise Sauerkirschen und schwarze Johannisbeeren. Aus dem nahen Elsass kamen die ersten Spalierobstanlagen. In Bischweier hatte man sich auf Kirschen spezialisiert, in der Bühler Gegend auf Zwetschgen. In Rotenfels blieb man überwiegend beim Streuobst.

Der Rotenfelser Obst- und Gartenbauverein passte sich flexibel den neuen Herausforderungen an: Er kaufte beispielsweise eine Rückenspritze zur Ausleihe an die Mitglieder, organisierte Obstbaumbestellungen, hielt auch wieder Schnitt- und Veredelungskurse ab. Das Interesse an Vorträgen, etwa zur Schädlingsbekämpfung oder zur Düngung und Pflege der Obstbäume, war groß. Die Ausflüge und Fahrten zu anderen Vereinen, zu Obstplantagen oder zur Herbstmesse nach Offenburg waren sehr beliebt.

1955 gab Adolf Ströhm aus gesundheitlichen Gründen sein Amt als erster Vorsitzender ab. Helmut Gräßer übernahm für 1 Jahr die Nachfolge und wurde 1956 von Alois Metz als  neuem Vorsitzenden abgelöst.